Bewerbung ohne Anschreiben: Geht das?

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Zu einer Bewerbung gehört ein Lebenslauf und Anschreiben. So war es zumindest früher. Heutzutage wird beim Bewerbungsprozess immer häufiger auf das Anschreiben verzichtet. Der DAX-Konzern Henkel verzichtet sogar ausdrücklich auf ein klassisches Anschreiben bei Stellenbewerbungen. Doch wo liegen die Vorteile einer Bewerbung ohne Anschreiben? Und wie muss sie aufgebaut sein?

Was ist eine Bewerbung ohne Anschreiben?

Bei einer Bewerbung ohne Bewerbungsanschreiben verzichten Sie auf das Online-Anschreiben für den angestrebten Job. Die erste Seite der Bewerbung fehlt. Demnach gibt es keine Vorstellung des Bewerbers oder der Bewerberin mit allen Vorerfahrungen sowie Stärken, Schwächen und Zielen. Stattdessen geht es mit dem Lebenslauf los, der den Auftakt des Bewerbungsschreibens bildet. Kandidaten und Kandidatinnen, die sich für diese Variante entscheiden, springen also direkt ins kalte Wasser und präsentieren dem Personal gleich zu Beginn alle wichtigen Fakten. Alternativ wird mit einem Motivationsschreiben begonnen. In diesem erklärt der Bewerber oder die Bewerberin, warum er oder sie bei dem Unternehmen arbeiten möchte und welche Fähigkeiten mitgebracht werden.

Das Bewerbungsanschreiben als Kernstück der Bewerbung wird immer seltener. Das hat gute Gründe, denn für viele Unternehmen ist die klassische Kombination aus Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen inzwischen nicht mehr zeitgemäß. Der Verzicht auf ein Anschreiben hat eindeutige Vorteile für die Bewerbenden und die Recruiter gleichermaßen.

Anschreiben noch zeitgemäß?

Ein gutes Anschreiben für die Online-Bewerbung eines passenden Jobangebots kostet Zeit und Aufwand, auch für Personaler. Oft werden Vorlagen und Versatzstücke verwendet, um das Bewerbungsanschreiben zu formulieren. Dabei kann es einige Vorteile haben, auf das klassische Online-Anschreiben zu verzichten:

  • Das Job-Anschreiben ist für Personaler oft nicht sehr informativ
  • Es hat wenig Aussagekraft über die Qualifikation der Bewerberin oder des Bewerbers
  • Das Lesen des Online-Anschreibens ist zeitaufwändig

Personaler von Top-Unternehmen beschäftigen sich im Durchschnitt nur zehn bis 15 Sekunden mit einer Online-Bewerbung, bevor sie eine Entscheidung treffen. Fehlen wichtige Informationen auf den ersten Blick, wandert die Bewerbung in den (digitalen) Papierkorb. Sind alle Informationen vorhanden, geht es für im Bewerbungsprozess vorerst weiter. Umso wichtiger ist es dementsprechend, das Wesentliche auf einen Blick zur Verfügung zu stellen. Eine Anschreiben-freie Online-Bewerbung kann eine Möglichkeit sein, sich im Personalbüro durchzusetzen, doch es gibt noch Möglichkeiten.

Kein Anschreiben notwendig – wirklich?

Ob eine Jobbewerbung ohne Online-Anschreiben möglich ist, hängt von den Vorgaben des Unternehmens ab, bei dem man sich bewirbt. Wird explizit ein Online-Anschreiben verlangt, sollte natürlich ein Anschreiben beigefügt werden. Werden „übliche“ oder „vollständige“ Bewerbungsunterlagen verlangt, so bedeutet das ebenfalls, dass die Personaler ein klassisches Bewerbungsanschreiben erwarten. Fehlt in diesen Fällen das Anschreiben, kann sich dies im Bewerbungsprozess negativ auswirken.

Sie sollten sich unbedingt an den Vorgaben der Stelle orientieren, bei der Sie sich bewerben. Immer häufiger wird statt eines Anschreibens ein Motivations- oder Personalschreiben gefordert. Oder das Unternehmen sendet einen Fragenkatalog, der eingehend beantwortet werden muss. Sind Sie sich unsicher, fragen Sie am besten noch einmal beim jeweiligen Unternehmen nach.

Motivationsschreiben oder Fragenkatalog statt Anschreiben

Verlangt die Stelle kein Anschreiben, heißt das nicht automatisch, dass mit dem Lebenslauf begonnen wird. Das Motivations- oder Personalschreiben hat inzwischen bei vielen Firmen das klassische Anschreiben ersetzt. Wird ein derartiges Schreiben verlangt, sollten Sie darin erklären, warum Sie bei dem Unternehmen arbeiten möchten und eventuell auch Ihre Fachkenntnisse sowie persönliche Stärken und Schwächen umreißen.

Immer häufiger legen Unternehmen bei ihrem Bewerbungsprozess einen Fragenkatalog bei. Dieser soll dann das Job-Anschreiben ersetzen und dem Kandidaten oder der Kandidatin die wichtigsten Informationen entlocken. Ein Fragenkatalog hat für die Personaler den Vorteil, dass sie explizit nach bestimmten Fertigkeiten suchen können, zum Beispiel nach Talenten im EDV-Bereich oder im Handwerk. Gerade bei Online-Bewerbungen wird immer häufiger ein Fragenkatalog verwendet, der dann oft bereits als Mini-Vorstellungsgespräch dient. Der Vorteil für die Personalabteilung: Kein Personaler muss persönlich beim Gespräch dabei sein, die Kandidatin oder der Kandidat füllt den Fragebogen selbstständig aus und der Computer übernimmt die Auswertung.

Nicht immer machen Firmen explizite Angaben, was denn nun genau in der Jobbewerbung enthalten sein muss. Dann ist Eigeninitiative gefordert, um den Bewerbungsprozess erfolgreich zu gestalten. Ein Motivationsschreiben oder eine Alternative können Ihnen die notwendige Aufmerksamkeit bringen, um es in das persönliche oder telefonische Bewerbungsgespräch zu schaffen.

Die Vorteile einer Bewerbung ohne Anschreiben

Eine Berufsbewerbung ohne Bewerbungsanschreiben hat einige wichtige Vorteile. Bei hohem Bewerbungsaufkommen ist eine kurze, informative Jobbewerbung oft besser geeignet. Der Personaler spart Zeit und erhält nur die wichtigsten aussagekräftigen Informationen statt eines langwierigen Anschreibens. Der Lebenslauf muss bei Bewerbungen ohne Job-Anschreiben allerdings umso hochwertiger formuliert sein. Dadurch kann ein Online-Anschreiben dazu dienen, Bewerbende qualitativ und quantitativ zu filtern. Das vereinfacht den Personalern die Arbeit und erlaubt es, sich voll auf den Lebenslauf zu konzentrieren. Zudem dienen auch die beigefügten Zeugnisse als Indikator für die Personalabteilung.

Ein weiterer Vorteil, den eine Bewerbung ohne Anschreiben mit sich bringt: Nicht alle Bewerberinnen und Bewerber sind Schreibtalente und im Online-Anschreiben kommt es besonders darauf an, sich selbst gut zu verkaufen. Ohne Online-Anschreiben herrscht also wieder Chancengleichheit, denn am Ende zählen nur die Fakten und nicht, wie gut die Formulierungen in einem Bewerbungsanschreiben getroffen sind.

Mögliche Nachteile

Eine Bewerbung ohne Bewerbungsanschreiben bedeutet nicht, dass wichtige Informationen einfach fehlen dürfen. Ihnen muss klar sein, dass die Fragen, die normalerweise im Bewerbungsanschreiben beantwortet werden müssen, spätestens beim Bewerbungsgespräch auftauchen. Sie sollten sich also unbedingt vorher Gedanken machen und eventuell sogar ein Probe-Anschreiben verfassen, welches Sie allerdings nicht der Online-Bewerbung beilegen. Sie sollen es lediglich als gedankliche Vorlage für das Bewerbungsgespräch nutzen.

Anschreiben-freie Bewerbungsprozesse sollen das Bewerbungsverfahren hin zum Job beschleunigen. Für Sie bedeutet dies in der Realität, dass auch Absagen schneller erfolgen. Gibt es kein Online-Anschreiben, dürfen Sie sich beim Lebenslauf und den sonstigen Unterlagen keine Fehler erlauben, da die Personaler bei diesen Dokumenten nun besonders genau hinschauen.

Fazit: Anschreiben noch notwendig?

Eine Bewerbung ohne Bewerbungsanschreiben – Das geht! Viele Unternehmer verzichten inzwischen auf ein klassisches Anschreiben. Gerade internationale Firmen und DAX-Konzerne wollen kein Bewerbungsanschreiben mehr haben. Stattdessen wird ein Motivationsschreiben verlangt oder das Beantworten eines Fragenkatalogs. Sie sollten sich in erster Linie an den Vorgaben des Unternehmens orientieren. Eine Bewerbung ohne Bewerbungsanschreiben ist möglich, doch qualitativ hochwertig und vollständig muss eine Bewerbung in jedem Fall sein. Dann klappt es hoffentlich auch mit Ihrem neuen Job.